Der 14-jährige Thomas Reys von der KRG Bremen gehört zu den besten Nachwuchskanuten in Deutschland

WK Stadtteilkurier Sport seite 6 22 10 2023Foto: Franz Kostall

Von Christian Markwort

Bremen. Gerade erst hat Thomas Reys bei den Kanu-Slalom-Meisterschaften im sächsischen Markkleeberg für Aufsehen gesorgt. Der 14-jährige Schüler der Wilhelm-Focke-Oberschule gewann dort Silber und Bronze und gilt bei Experten als große Nachwuchshoffnung. Der angehende Abiturient stammt aus einer echten „Kanu-Familie“. Sein zwei Jahre jüngerer Bruder Oliver ist ebenfalls in den Wildwasser-Kanälen in und um Deutschland herum unterwegs. Mutter Lynn war sogar Weltmeisterin und gewann den Weltcup. Gemeinsam mit Vater Michael, heute Ressortleiter Kanuslalom beim Landes-Kanu-Verband Bremen, nahm sie zudem zweimal (1992 und 1996) an olympischen Spielen teil.

Kaum, dass Thomas Reys laufen konnte, saß er mit seinen Eltern bereits im Kanu und befuhr international renommierte Strecken. „Ich saß mit ihnen in einem Dreier-Boot“, erinnert er sich, „aber ich durfte nicht paddeln.“ Mit sechs Jahren paddelte er schließlich in Rotenburg an der Wümme seine ersten Kilometer. Mittlerweile ist aus dem Hobby Leistungssport geworden, sowohl im Canadier (sitzend oder kniend mit einem sogenannten Stechpaddel) als auch im Kajak (sitzend mit Doppelpaddel) fühlt sich Thomas Reys in seinem Element. „Im Kajak habe ich etwas mehr Gefühl für das Wasser“, sagt der Schüler, der bereits einige Erfolge feiern konnte. Vor drei Jahren wurde er im Canadier in der Altersklasse U 12 deutscher Vizemeister, in diesem Jahr gelang ihm dasselbe in der Altersklasse U 16. Im Kajak sicherte sich Thomas Reys zudem die Bronzemedaille und bereitet sich derzeit im Wintertraining auf die Qualifikation für die U 18-Nationalmannschaft vor, die im April kommenden Jahres zusammengerufen wird.

Zu seinen großen Zielen zählen deshalb auch gute Platzierungen im Nationalteam. Im Kajak strebt er dort Platz zehn bis 15 an, im Canadier sollte es schon ein Platz unter den ersten Fünf sein, sagt er selbstbewusst. „Mein Ziel ist es, international einmal ganz vorne dabei zu sein“, eifert Thomas Reys seinen Eltern nach. Die Goldmedaille bei den olympischen Spielen wäre solch ein Ziel, Reys‘ anderes Vorbild hat das bereits erreicht: Der 30-jährige Tscheche Jiří Prskavec gewann bei den jüngsten Spielen in Tokio die Goldmedaille. „Ich mag seine dynamische Fahrweise“, erklärt Reys seine Begeisterung für den Ausnahmeathleten, „er ist immer auf der Suche nach dem perfekten Lauf“.

Jeder Lauf ist geplant

Den strebt auch Thomas Reys selbst bei jedem Wettkampf an, akribisch bereitet er sich auf die jeweilige Strecke vor. Unterstützt von seinem Vater Michael Reys und Trainer André Kieslich untersucht der 14-Jährige die örtlichen Begebenheiten und überprüft bis ins kleinste Detail, welche Schwierigkeiten wie am besten zu überwinden sind. „Ich plane vor jedem Lauf, wie ich fahren will“, erklärt der Schüler, „und wenn ich dann alles richtig gemacht habe, ist das ein tolles Gefühl.“

Zu Hause in Bremen ist Thomas Reys bis zu neun Mal in der Woche am Bootshaus des Störtebeker Paddelsports anzutreffen, wo er nicht nur auf dem Wasser trainiert, sondern auch im Kraftraum. „Im Winter werden wir an den Wochenenden einige Trainingslager im Wildwasser machen“, haben er und seine Familie bereits geplant. In Süddeutschland sind die Voraussetzungen für Kanusportler besser, Bremen bildet aufgrund seiner geografischen Lage das Schlusslicht. „Hier gibt es eben kein Wildwasser“, verdeutlicht Thomas Reys, „was bedeutet, dass wir viel reisen müssen.“ Das allerdings sei für ihn keine große Hürde, versichert er. „Das Reisen und die Aufmerksamkeit von den Leuten, die an der Strecke vorbei gehen, finde ich auch toll.“

 

Auf den Wellen surfen

Zeit für andere Hobbys bleibt dem bald 15-Jährigen (im Dezember feiert Thomas Reys Geburtstag) da nur wenig. „Ich fahre gerne Mountainbike oder bastel auch gerne an Fahrrädern“, sagt der Schüler, der beruflich später am liebsten als Zweiradmechaniker arbeiten würde. „Manchmal fahre ich auch einfach nur im Wildwasser einen Fluss runter und mache dabei Free-Style-Moves oder surfe auf den Wellen“, erzählt Reys, der sich auf dem bewegten Nass wohler fühle als im stillen Wasser.

In der Schule zählt das Fach Werken zu seinen Lieblingsfächern, „in Chemie muss ich mich noch etwas anstrengen“, räumt er schmunzelnd ein. Vom Kanusport könne er aber auch so manche Tugend mit in seinen Alltag nehmen, betont der Schüler. "Das Vertrauen in Mensch und Material ist wichtig", nennt er ein Beispiel. „Außerdem stärkt der Kanusport die Konzentration“, fügt er hinzu, „und das hilft natürlich in der Schule“.

Die Motivation, das viele Training zu betreiben oder die ganzen Reisestrapazen auf sich zu nehmen, komme von innen heraus, sagt er – allerdings sei aber noch ein weiterer Grund vorhanden: „Ich liebe das Gefühl, auf einem großen Wettkampf einen super Lauf hinzulegen“, begründet Thomas Reys seine Faszination für den Kanusport. Gleichzeitig spricht der Schüler auch seiner Heimatstadt seine Liebe aus. „Bremen hat mir vieles ermöglicht“, versichert Thomas Reys, „aber angesichts der vielen Hürden werde ich mich mit 16 entscheiden müssen, wie es weiter geht.“ Sein Augenmerk richte sich dabei auf Bayern, weil dort neben den besten Bedingungen für Kanusportler unter anderem auch zahlreiche hauptamtliche Trainer tätig seien. „Der Landes-Kanu-Verband, die Ortsämter, der Landessportbund und die Stadt Bremen haben uns beim Aufbau der Sportart unterstützt und stehen auch weiter hinter uns“, zeigt sich der Schüler dankbar.

----------------------------------------------------------------

ZUR SACHE

Die Rahmenbedingungen

 

Langfristig könne Bremen nur „Zulieferer“ von Talenten im Kanu-Slalom sein, meint Michael Reys, Ressortleiter Kanuslalom beim Landes-Kanu-Verband Bremen. Optimale Trainingsbedingungen für Kanu-Slalom herrschen am Eiskanal in Augsburg. Als Paddel-Infrastruktur stehen dort die Olympiastrecke von 1972 sowie der Jugendkanal und eine Waldstrecke ohne Wildwasser zur Verfügung. „Etwas Vergleichbares in Bremen aufzubauen, wäre nur möglich, wenn man eine ähnliche Strecke baut, was Millioneninvestitionen bedeutet und Jahre bräuchte“, sagt Reys, „realistisch ist dieses eher nicht.“